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Thomas Häntsch über:
Thomas Bäder: Bin ich am Ende – oder war es am Ende ich? Aphorismen und Notate, gewitzt mit Cartoons. Würzburg: Königshausen und Neumann 2023.

 

Der Künstler/ Cartoonist/ Aphoristiker und Autor, Thomas Bäder, geboren in Tübingen, lebt in Rosengarten, Baden-Württemberg. Nach der Mittleren Reife folgten Berufsausbildungen zum Maschinenschlosser und Industriekaufmann, Volontariat bei einer Tageszeitung, Tätigkeit als Redakteur. Berufsaufgabe in einer Lebenskrise. Malkurse bei Susanne Neuner, Haller Akademie der Künste, Schwäbisch Hall (2010 bis 2019) und Ingo Hoffmann, Atelier Artistique, Boulbon, Frankreich. Grundfortbildung für Schreibwerkstättenleitende des Volkshochschulverbandes Baden-Württemberg mit Abschlusszertifikat (2018 bis 2022).
Thomas Bäders Veröffentlichungen hier aufzuführen, würde den Rahmen einer Rezension sprengen. Er hat nicht nur Aphorismenbände veröffentlicht, sondern auch zeitgeschichtliche Texte, Postkarten sowie Lyrik und ist an Ausstellungen beteiligt.
Wer mehr über ihn erfahren möchte, informiere sich auf seiner Website.

https://www.derkleineherrmann.de/

Sein Band „Bin ich am Ende – oder war es am Ende ich?“ trägt den Untertitel Aphorismen und Notate und nimmt damit denen den Wind aus den Segeln, die sich zu starr an die Definition des Aphorismus` klammern. Jeder kann für sich entscheiden, welcher Gattung er einzelne Texte zuordnen möchte, will oder kann.

Schon der Buchtitel enthält ein für den Aphoristiker typisches Wortspiel und Thomas Bäder brilliert auch im Werk als Meister der Kürze, beschränkt sich bei den meisten Texten auf nur eine Zeile.

Diese gut gewürzte Knappheit spiegelt sich auch in den Illustrationen zu den 21 Kapiteln wider, die allesamt vom Autor stammen und den Band zu einem hochwertigen Ensemble aus Text und Bildwerk werden ließen.
Am besten gelungen erscheint mir das Cartoon mit knappem Text zum Kapitel „Kriegsangsthase“, welches auf Seite 25 beginnt. Zwei Soldaten tragen den Sieg davon – in einem Sarg!
Das Bild zu einem sehr ernsten Thema erfüllt immer noch den Hinweis auf den Titelzusatz …gewitzt mit Cartoons, denn eine gewisse Ironie steckt auch in dieser Zeichnung.

Die Texte unter der Überschrift „Werulanten“ beginnen allesamt mit „Wer“ und gehören in die Kategorien Hinweise, Ratschläge.
Es sind dies ein- oder zweizeilige Thesen, Erkenntnisse eines guten Beobachters, die auf sehr unterschiedliche Resonanz stoßen werden, je nachdem, wer sie sich zu Gemüte führt. Als aphoristische Belehrungen, wie man sie hin und wieder findet, würde ich sie nicht bezeichnen – eher als Fingerzeige. Beim Lesen der fünf Seiten empfand ich allerdings eine gewisse Monotonie und die daraus folgende Sorge, dass man zu schnell wird und etwas überliest.

Die unter „Selbstbefreiung“ ab Seite 63 angesiedelten Texte befassen sich mit dem Thema „Loslassen“ und hätten auch unter anderer Überschriften Platz gefunden – Stichwort Gleichförmigkeit.

Die Stilmittel des aphoristischen Schreibens beherrscht Bäder und setzt diese immer wieder gekonnt ein. Besonders gefallen haben mir einige seiner Überkreuzstellungen. „Eine Kriegserklärung hat noch nie einen Krieg erklärt.“ / „Weit bringen es die Menschen, die nicht zu weit gehen.“ / „Die Welt, die wir uns geschaffen haben, ist nicht die Welt, für die wir geschaffen sind.“

Thomas Bäder ist als Aphoristiker und Zeichner keinesfalls „am Ende“, sondern er war es am Ende, der diesen Band in seiner letztendlichen Erscheinung erdacht, geordnet und gestaltet hat.
Und es lauert eine kleine Überraschung am Ende des Buches. Es mag ein Zufall sein – oder Absicht?
Was mit „Über mir“ auf Seite 13 mit Texten zu Gott beginnt. „Willst du Gott finden, suche zuerst in dir.“/ „Der Altar ist der Tresen des lieben Gottes.“, endet auf Seite 131 mit „Herr Bäder, warum sind sie aus der Kirche ausgetreten?“ – „Um meiner Heiligsprechung zu entgehen.“
Dieser letzte Satz steht für sich allein, ganz am Ende, wer zu schnell blättert, kann ihn übersehen, aber er ist ein Statement mit etwas Selbstironie gewürzt.

Thomas Häntsch

 

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